Rückschau: SundMehr – Fetisch oder Vorliebe?

Am 2. September 2016 trafen sich zum ersten Gesprächskreis nach der thematischen Sommerpause sieben Leute mit sadomasochistischen Interessen, um sich über „Fetisch oder Vorliebe“ auszutauschen. Schon bei der Einstiegsfrage, ob die Anwesenden bei sich einen Fetisch ausmachen, stellte sich als große Übereinstimmung heraus, dass es in der Regel um das Zusammenspiel von Situation und Person ankommt. Nur eine Teilnehmerin fiel spontan als möglicher Fetisch ein, einen Mann in High-Heels, Strumpfhose und Rock vor sich zu haben, –was sie selbst nicht tragen würde. Andere sprachen eher von einem „Fimmel“, den sie bei sich ausmachten, statt von einem Fetisch. Ein Teilnehmer führte noch
differenzierter aus, dass es für ihn darauf ankäme, was sich ergibt: das könne heute so sein, morgen anders. Ein Anwesender meinte dagegen, ihn mache alles an, was im Kontext von SM Erwachsene, gegengeschlechtliche Leute, einvernehmlich miteinander anstellten könnten. Vielleicht sei die Thematik „SM“ für ihn an sich ein Fetisch.

Durch diese anfänglichen Statements entfernte sich das Gespräch schnell von der Unterscheidung zwischen Fetisch und Vorliebe. Eher ging es um Situationen und Gefühle, die man für unabdingbar für eine erfüllte Sexualität betrachtet, statt um einen Gegenstand oder ein bestimmtes Material.

Wenn das Gegenüber nicht passe, könne sie machen, was sie will, beschrieb ein Anwesender sein Empfinden. Ganz albern fand er die klischeehafte Werbung im Fernsehen „Ruf! Mich! An!“. Auch ein anderer fand, dass eine Frau noch so erotisch aufgebretzelt vor ihm stehen und attraktiv aussehen könnte,– wenn ihre verbalen Äußerungen eine eher geringe Intelligenz und einen schlichten Charakter erkennen ließen, würde das ihn schon ablöschen. Stellt Intelligenz und Charakter vielleicht bereits einen Fetisch dar?

Fetische lassen sich nicht immer umsetzen, meinte eine Anwesende, die als ironisches Beispiel schilderte, am liebsten am kleinen Zeh an der Kirchturmuhr festgebunden zu werden. „Manches muss auch nicht erlebt werden, und es reicht das Kopfkino! Ich kann von der Südsee träumen und muss dennoch nicht hingefahren sein!“

Aber was wenn die Sehnsucht so groß ist, dass man das Gefühl hat, kaum noch weiterleben zu können, wenn man diese oder jene Erfahrung nicht gemacht hat? Warum ist für viele Sadomasochisten erfüllte Sexualität nur vorstellbar, wenn sie auf BDSM basiert? Zum vollständigen Fetischismus gehört, dass der betreffende Mensch ohne seinen Fetisch nicht erregt, befriedigt und zum Höhepunkt gelangen kann. Was, wenn zwar ein Orgasmus möglich ist, aber der Sex halt nicht als so erfüllend erlebt wird, wie er sein könnte, wenn endlich lange gehegte Träume erlebt würden?

In Beziehungen stimmt doch immer irgendetwas nicht, warf ein Anwesender ein. Das perfekte Kopfkino käme höchstens beim Drehbuch zum Tragen, das man bei einer professionellen Dienstleisterin http://www.sundmehr.de/Termine/20160401.htm abgeben kann– und dann sei ja das Enttäuschende, dass die Träume des Kunden nicht aufgrund der eigenen Bedürfnisse der Domina erfüllt werden, sondern weil es sich um eine Geschäftsbeziehung handelt.

Und umgekehrt: wenn ein Beziehungspartner auf den Fetisch des anderen „nur“ ihm zur Liebe eingeht, wird dies an der Atmosphäre beim Spiel zu merken sein; die weniger intensiv, weniger authentisch rüber kommt.

Ein Dilemma, was viele Sadomasochisten in langjährigen Beziehungen kennen und viele davon abhält, eine Beziehung einzugehen, obwohl sie sich sehr danach sehnen. Auslagern wollen sie nichts, nur für den anderen tun (oder aus Liebe: getan bekommen), fühlt sich auch nicht gut an. Am besten wäre eine Gedankenverschmelzung der Sehnsüchte beider Beteiligten. Besser sei es schon, den Fetisch oder die Vorliebe auszulagern und sich diese außerhalb einer Beziehung befriedigen zu lassen, meinte einer der Anwesenden,– was vor allem bei Beziehungskonstellationen notwendig erscheint, wo beide Partner dominant sind; und seiner Beobachtung nach auch oft klappt.

Im Gespräch würden enttäuschende Besuche in Swingerclubs zitiert, bei
denen nach dem anfänglichen Reiz am Ambiente festgestellt wurde: dass es doch nur um körperlichen, reinen Sex ging. Sind wahre Sadomasochisten also die besseren Romantiker?

Doch gibt es auch Leute, die sadomasochistische Praktiken nicht mal als Sexualität verstehen. Von diesen muss jeder für sich selbst klären, ob die lustvollen Gefühle, die er bei der Zufügung von Schmerz, bei Erniedrigung und Hilflosigkeit erlebt, die gleiche Qualität haben, wie der Endorphin-Rausch bei einer Motorradfahrt, beim Lesen eines spannenden Buches oder dem Essen eines perfekt gekochten Menüs. Ist Lust gleich Lust, oder tragen dann SM-Praktiken nicht deutlich erotischere Züge, selbst wenn Geschlechtsverkehr nicht mal angestrebt wird? Handelt es sich dann nicht doch, trotz aller Leugnung, um Sexualität?

Nicht aufgeklärt wurde im Gespräch auch, wo der Unterschied liegt, zwischen der aus der Beziehung offen ausgelagerten Erotik zum, als enttäuschend beschriebenen Besuch eines Swingerclubs, eines SM-Studios oder einer Party http://www.sundmehr.de/Termine/20160429.htm. Alles sei legitim, meinten die Anwesenden schließlich. Letztlich könnten das alles auch gelungene (Not-?) Lösungen sein.

Doch die Suche nach einem gemeinsamen Nenner kann auch Chance sein, erklärte eine Anwesende, die sich selbst im Ursprung nicht als Sadomasochistin bezeichnet. Dabei wurde eingeworfen, dass Fetische und Vorlieben sich an sich nicht verändern, allerdings erweitern lassen. Als sexuell ganz allgemein interessierter Mensch sollte man viele Möglichkeiten haben, mit jemandem glücklich zu werden, für den Sadomasochismus fester Bestandteil seiner Identität ist, meinte die Teilnehmerin– und auch ein SMer mit diesem. Ob dies auch auf Beziehungskonstellationen zutrifft, wo letzerer definitiv auf Dominanz, bzw. die aktive Seite SMiger Spielarten steht, wurde nicht angesprochen, – müsste ein nicht masochistischer Partner doch dann gegebenenfalls lernen, Schmerzen zu erotisieren.

Doch für alle anderen Situationen schien die Aussage, dass Sadomasochisten ja so schwer einen passenden Partner finden weil, sie anders seien, als überhöhter Grabenkampf. Wir hier –- die Vanillas dort. Vor allem Sadomasochisten sind dann eingeschränkter, als allgemein sexuell aufgeschlossene Mitbürger; Anzeichen dafür, dass für viele Sadomasochismus doch einen begrenzenden Fetisch darstellt, der eine erfüllte Sexualität und das Finden einer Partnerschaft eher erschwert?

Es könne gut tun, die Dramatik zwischen Vorliebe und Fetisch etwas tiefer zu stapeln, wurde in der Runde geäußert. Der verständliche Versuch, seine Träume und Wünsche ernst zu nehmen, kann den Umgang mit der eigenen Sexualität auch schwieriger machen, weil das spielerische Element verloren zu gehen droht. Statt lustvoll, wird dann jede Interaktion bierernst genommen und verliert den lebendigen Austausch zwischen den Akteuren.

 

Quelle: SWL