Rückschau: SundMehr „Sexualisierte Gewalt oder SM?“

Elf Besucher des Gesprächskreises SundMehr trafen sich am 27. Oktober 2017, um sich über sexualisierte Gewalt auf dem Hintergrund und doch in Abgrenzung zu Sadomasochismus auszutauschen. Damit klar war, was unter Gewalt zu verstehen ist, wurde diese als „Einwirkung auf ein Gegenüber ohne “ also nicht nur gegen “ dessen Einwilligung“ definiert. Die Eingangsfrage, was „Gewalt in Beziehungen“ darstellen könnte, war für manchen schwer zu konkretisieren, weshalb schon bei einem ersten Statement darum gebeten wurde, eher von der „Gewalttat“ zu sprechen, ob psychisch oder physischer Art, die dann in Beziehungen passieren würde.
Um die Möglichkeit zu erhalten, dass im Gespräch das Bewusstsein geschärft wird, welche Facetten Gewalt entstehen lassen können, wurde diese schwierige Unschärfe aber bewusst stehen gelassen.
„Gewalt ist mir aus der Kindheit bekannt. Wenn mir in der Beziehung Gewalt angetan würde, wäre ich weg!“ machte die nächste Teilnehmerin bei ihrem Vorstellungsstatement gleich klar. Ihre Nebensitzerin brachte Gewalt weder mit SM noch mit Beziehung in Verbindung – und meinte ganz klar, dass Gewalt nicht zu tolerieren sei. Der nächste Teilnehmer stellte dar, dass eine Verhaltensweise von der Außenperspektive her betrachtet, wie Gewalt aussehen könnte, ohne dass sie dies, von der Innenperspektive gesehen, sei. So könne durchaus Bestandteil eines sadomasochistischen Spiels sein, Angst vor Gewalt zu erzeugen.
Gleichzeitig stellte er die Problematik dar: „Wenn wir das alle perfekt hinbekämen, auf Signale und Gesten der Gegenüber zu achten und sie korrekt zu deuten, benötigten wir ja keine Kennwörter.“ Ein anderer Teilnehmer stellte einen biblischen Bezug her. Dort sei ja
zu lesen „wer sein Kind liebt, der züchtigt es“ [im Original: „Wer seine Rute schont, der hasst seinen Sohn; wer ihn aber lieb hat, der züchtigt ihn beizeiten.“, Sprüche 13, 24] Dabei habe er andererseits gelesen, dass Schläge, als Erziehungsmittel zu SM-Neigungen führe und überlege mit Bezug auf sich selbst, ob dies stimme. Definitiv schlage er darum seine Kinder nicht. Für diese sei es ohnehin die heftigste Strafe, wenn er den Stecker des Modems für das W-Lahn ziehe. Ansonsten käme ihm bei „Gewalt“ auch der Begriff „gewaltig“ in den Sinn, den man auch für Naturerscheinungen benutze.
Eher etymologisch ging ein anderer Teilnehmer an die Frage heran und erklärte, dass von seiner Herkunft her „walten“ in „Gewalt“ stecke, was ursprünglich „etwas bewirken“ meine. Dabei fände er die psychische Gewalt weit schlimmer, als physische. Ein Beispiel dafür zeigte sich beim nachfolgenden Paar, denn die Frau fand vieles von dem bereits gesagten so passend, dass sie sich dem nur anschließen könne und das Wort an ihren Mann weitergab, der dies Verhalten gleich augenzwinkernd als „Gewalt“ interpretierte, da er nun gezwungen sei, etwas zu sagen.
Sein Anlass zum ersten Mal an diesem Abend zu SundMehr zu erscheinen war, dass er Leute in seinem Bekanntenkreis kenne, bei denen er sich frage, ob deren Interpretation von SM nicht im Grunde schon Gewalt in der Partnerschaft darstellte. Er wollte hören, was andere Leute zu diesem Thema zu sagen hätten.
Dass Gewalt nichts mit den Rollen, die in der Partnerschaft bezüglich SM definiert sind, zu tun haben muss, war einer anderen Anwesenden wichtig.
Ein Bestandteil von Gewalt in Partnerschaften kann ja durchaus auch sein, dass Information, in einem Zweiergespräch gegeben wird, in einer anderen, vielleicht öffentlicheren Situation ausgeplaudert, missbraucht wird.
Als Einstieg ins Thema wurde darum dargestellt, dass „Gewalt“ in unserem Sprachgebrauch oft auch als „Naturgewalt“ vorkommt. Naturgewalten wie Sturm oder Hochwasser geschehen einfach, ohne dass irgendjemand intervenieren kann. Staatliche Gewalt ist legitimiert („potestas“) zwischenmenschliche Gewalt gilt als verboten („violentia“).
Erneut entstanden bei einem Teilnehmer Bedenken, ob der Begriff nicht doch schärfer gefasst werden könnte, denn „gewaltig“ sei eben nicht das Selbe wie „gewalttätig“. Doch tragen einfache Sichtweisen nicht immer zu einem größeren Bewusstsein in einer Diskussion bei, denn wer sich bei seinem Tun nicht nur auf Sicherheit, Klaren Menschenverstand, sondern vor allem Einvernehmlichkeit beruft, schließt damit kategorisch jede Gewalt aus. Dass es keinesfalls in Ordnung ist ohne Einwilligung jemanden ins Gesicht zu schlagen, dürfte jedem Sadomasochisten klar sein. Doch immer erst zu fragen „darf ich dich fesseln?“ und nach dem „ja“ loszulegen, zu fragen „darf ich dich schlagen“ und nach dem „Ja“ den Rohrstock benutzen lässt eine lebendige, authentische und lustvolle Atmosphäre beim erotischen Spiel nicht aufkommen; in der Praxis kommt eher eine Grundeinwilligung zum Tragen. Darum sollte es an diesem Abend darum gehen, die Sinne für Gefahren der Grauzonen zu schärfen.
Eine Gewalt, der man sich entziehen kann, präzisierte ein Besucher, sei für ihn weit weniger gravierend. Denn hier gäbe es ja immer noch eine Handlungsalternative des Gegenübers. „Doch welche Vorerfahrungen definieren, ob Möglichkeiten des Entzuges wahrgenommen werden?“ fragte eine Besucherin an. Schließlich gibt es das Phänomen, von Frauen, die sich immer wieder einen gewalttätigen Mann suchen und es nicht schaffen, sich zu trennen, oder nach kurzem Beziehungsabbruch wieder zurückkehren.
Die Gründe dafür werden in der Biographie zu finden sein. Allein dies Beispiel macht klar, warum es notwendig ist, für die Diskussion des Phänomens der „Gewalt“ von einem allein körperlichen Geschehen zu lösen und die psychischen Hintergründe mit zu beleuchten.
Gewalt kann durchaus auch subtile Formen annehmen, wurde festgestellt, dabei verändert sich, was gesellschaftlich an Gewalt toleriert wird.
Hier scheint man sensibler geworden zu sein, was die immer wiederkehrenden Diskussionen über Mobbing zeigen.
Einen konkreteren Bezug hinsichtlich BDSM stellte ein Besucher her, in dem er hinterfragte, wie in DS-Beziehungen mit Zumutungen gespielt wird.
Tatsächlich scheinen immer wieder auch submissive Partner Verhaltensweisen nur aufgrund ihrer Rolle zu akzeptieren, obwohl sie sie eigentlich schon längst nicht mehr erotisch oder schön finden. Der Wunsch sich selbst und seinen Partner in der jeweiligen Rolle zu bestätigen und darin sein Glück zu finden, scheint eine große Motivation zu sein. Dabei wird auch bei manchem Aktiven das Verhalten des Passiven / Submissiven Partners nicht richtig interpretiert. „Der Aktive muss voll Verantwortlich mit der Situation umgehen“ forderte ein selbst in aktiver Rolle SM-auslebender Besucher und wurde von seiner Partnerin
darin unterstützt: selbst wenn der Passive mehr will, als er offenbar verträgt, muss der Aktive erkennen und bestimmen, wann Schluss ist.
Daraus ließ sich schließen, dass auch die vorgeblich submissiven Partner die fordernden sein können, die sehr wohl auch Einfluss auf ihre dominanten Gegenüber ausüben kann der auch zur Gewalt werden? „Aus Gründen der Liebe immer mehr zu fordern muss keine Spezialität Dominanter oder Submissiver SM-Spielpartner sein“ wurde daraufhin festgestellt. Denn Liebe kann immer ein Grund sein, über die eigenen Grenzen hinweg zu gehen.
Muss dann nicht eher von „Macht“ als von „Gewalt“ gesprochen werden? Fragte ein Teilnehmer an. „Dem Partner etwas unterzujubeln, was er vielleicht nicht gerne will kann witzig sein, wenn es in den Beziehungsrahmen passt“ fand eine Teilnehmerin eher gelassen. Gewalt sei für sie gegeben, wenn eine negative Absicht, ein Vorsatz gegeben ist.
Fraglich sei dabei, welche Motivation hinter dem Verhalten stecke. Angst vor Beziehungsverlust sei für sie dabei ganz falsch die richtige Motivation sei für sie, wenn sie etwas machen ließe, weil sie es für sich schön fände. Schlimm sei, wenn man in einer Beziehung bliebe, obwohl sie einem nicht gut täte, kam die Bestätigung aus der Runde. Und dennoch wurde erneut betont, dass das Aufrechterhalten der Beziehung und der Liebe ein sehr großes Motiv sein kann.
Aus einem Gespräch mit der Mitarbeiterin einer Beratungsstelle, am Stand es Arbeitskreises SM und Christsein beim diesjährigen Kirchentag, wurde von Frauen berichtet, deren Beziehung sich auf initiative ihrer Partner polyamourös entwickelt hatte. Litten diese dann darunter und nahmen wahr, dass diese Beziehungsform ihnen nicht lag, bekamen sie die Vorhaltung, „eben noch nicht so weit“ zu sein, sich noch weiter entwickeln zu müssen, was sehr verletzend ist. Bei gleicher Bedürfnislage könne dies ja in Ordnung sein, folgerte die Teilnehmerin.
Doch gäbe es naturgemäß unterschiedliche Bedürfnisse in jeder Beziehung.
Es sei eine große Herausforderung, dass die Kommunikation darum gerade in sadomasochistischen Beziehungen sehr gut sein muss. Gerade der Wunsch, sich und dem Partner was Gutes zu tun, kann sich auch als Falle entpuppen oder als Anspruch einer der Partner, an den er an sich oder den anderen stellt und an dem er zu verzweifeln droht, bis der Frust ihn zu Aggressionen treibt, die in Gewalt münden.
Die Kommunikation vor und nach einer Session wurde darum an diesem Abend als besonders wichtig betrachtet – auch von Anwesenden, die dieser beim
letzten Gesprächskreis eher geringere Bedeutung zumaßen. Nur durch Offenheit und gute Kommunikation können Missverständnisse vermieden werden, bei denen der eine dem anderen seinen Willen aufzwingt, und einer von beiden hinterher feststellen muss, dass ein Stück Einvernehmlichkeit schmerzlich fehlte.
Zur Gewalt kann man auch verführt werden, oder sich selbst darauf einlassen denn ob etwas „Gut“ oder „Böse“ ist, hängt nicht allein vom Geschehen ab, sondern auch von der dahinterliegenden Motivation. Dabei gilt aber auch, dass nicht alles, was vordergründig als einvernehmlich bezeichnet wird, wirklich gut, für alle Beteiligten ist.

In Vorbereitung des Abends bestand die Idee, jemanden von einer entsprechenden Beratungsstelle einzuladen. Nach einer etwas längeren Vorlaufzeit gelang dies schließlich, jedoch erst kurzfristig, weshalb der Termin auf das nächste Jahr verschoben wurde. Dennoch wurden für den angebotenen Besuch der Beraterin einer Stuttgarter Beratungsstelle im Anschluss noch einige Fragen gesammelt.

Quelle: SWL

Rückschau: SundMehr am 30.06.2017 – „Was ist so toll an Seilen?“

Um sich darüber zu unterhalten, was so toll an Seilen ist, trafen sich 15 Teilnehmer des Gesprächskreises SundMehr am 30. Juni 2017. Die Abfrage der Vorerfahrungen im Rahmen der Vorstellungsrunde ergab ein recht buntes Bild. Von Workshops wurde berichtet, bei denen lange „herumgeknotet“ wurde, was beim Zuschauer zur Frage führte „aber was kommt dann?“ Nett sei es allerdings, wenn die Bondage auch zu funktionale Möglichkeiten führte, in dem zum Beispiel die Bewegung eines Körperteiles, Zug auf ein ganz anderes bewirkte. Reines Zuschauen, bei einer Performance fanden manche der Anwesenden langweilig. Das Thema „fesseln“ weckte bei manchen erste sadomasochistische Kindheitserinnerungen die sie zu ihrer Neigung führten. Gerade der Genuss des langsamen Prozesses, wenn sich die Seile immer enger um den Körper schmiegen und die Regungslosigkeit zunimmt, während sich jemand ausgiebig mit einem beschäftigt, ist für viele Passive ein großer Genuss. Andere bevorzugen ein plötzliches, regungsloses Fixiert-Sein, wie es mit einem Latex-Vakuum-Bett oder Bondage-Bag ermöglicht werden kann. Ein Teilnehmer schilderte seinen Eindruck bei einer Performance, dass es eher darauf anzukommen scheint, ob der Rigger „es schafft“ sein „Bunny“ fachgerecht – unter der Vermeidung von Gefährdungen für Leib oder Leben – aufzuhängen. Hinterher würde der Erfolg gegenseitig präsentiert und der Passive wird zum Ausstellungsstück, was ja durchaus dessen gewünschter Rolle entspräche; würde er doch „zum Objekt“. Eine andere Schilderung, wie toll es für einen Besucher auf einer Messe war, in eine Bondage-Vorführung mit einbezogen worden zu sein, konnte dies zum Teil bestätigen. Eine Besucherin, die noch vor gar nicht langer Zeit zur ihrer Neigung gefunden hatte, schilderte ihre Annäherung an BDSM mit
ihren damaligen Gedanken: „Bevor ich was Perverses mach, probiere ich lieber mal was mit Seilen aus. Die sind neutral…“ Sie genoss dann sehr das Gefühl des Gehalten-Seins, und immer mehr Verstrickt-Werdens, fragt sich aber, warum Rigger sich die Mühe machen. Ihr Nebensitzer wusste
darauf die Antwort: Seile seien einfach für ihn eine Leidenschaft und die einzige Beschäftigung, bei der er ganz abschalten könnte. Er genießt beide Seiten der Fesselkunst. Die Unterschiedlichkeit der Empfindungen, und die Frage, was den Beteiligten, an ihrer jeweils ausgeübten Rolle Lust macht, stand auch hier, wie bei anderen Sadomasochistischen Praktiken, im Mittelpunkt.

Vor allem bei japanischer Bondage steht für viele der ästhetische Anblick, der am Ende einer Bondage-Session steht oder sich dem – relativ – unbeteiligten Beobachter bietet, im Vordergrund. Eine Teilnehmerin war schon als Teenager fasziniert, von entsprechenden Abbildungen, nicht nur bei Frauen, sondern auch bei Männern. Auch eine erst kurz zurückliegende, negative Erfahrung mit gefährlichen Nachwirkungen für die eigene Gesundheit, berichtete ein Teilnehmer. Eine seinem Wunsch gemäß, recht heftige Session, mit sehr starker Fixierung hatte in der Folge die Nierenfunktion geschädigt, sodass einige Tage später ein Krankenhausaufenthalt notwendig wurde, bei dem er nur knapp an einer Dialyse vorbei kam. Im Krankenhaus war er gefragt worden, ob sein Fall im Rahmen eines medizinischen Fachartikels publiziert werden dürfe. Für den selbst im wissenschaftlichen Bereich tätigen Gesprächskreisteilnehmer war dies in Ordnung.

Beim anschließenden Gespräch über das Thema wurde der Anbieter eines Workshops zitiert, mit der Aussage, dass Bondage die BDSM-Spielart mit den meisten, dauerhaften Verletzungen sei. Obwohl für viele am Anfang ein Ausprobieren und „einfach mal drauflos“ Fesseln stünde, ist also Vorsicht geraten, selbst wenn es nicht um „gehobene“ Praktiken handelt, wie eine Hängebondage. Doch können gefährliche Situationen auch erfahrenen Riggern passieren. Die Anforderung an die Passiven sei darum, möglichst schnell Rückmeldung zu geben, wenn etwas nicht stimme. Im Eifer des Gefechts und im Endorphin-High kann dies allerdings eine Herausforderung sein. Hilfreich kann darum ein kurzer Kontrollgriff an verschiedenen Körperstellen sein. Bei der Diskussion über Sicherheitsaspekte wurde diese Beobachtung auch von anderen geteilt, die bei Workshops erlebt haben, wie beiläufig und recht schnell die Hand des Gefesselten ergriffen oder beiläufig kommuniziert wurde, ob mit Durchblutung oder Kreislauf alles in Ordnung sei. Bei einer Performance wurde sogar beobachtet, wie der Aktive eines besonders eingespielten Paares, ihr immer wieder zwischendurch an die Stirn tippte, um dort die Körpertemperatur zu erfühlen.

Auch eine kleine Seilkunde wurde von dem Teilnehmer der den Abend moderierte, angeboten. Am Anfang sei auch bei ihm ein Kunststoffseil aus dem Baumarkt gestanden, das er heute allerdings nur noch für „Deko-Bondage“ über Bekleidung verwende. Ein 8-mm Baumwollseil mit Seele sei dagegen schon für eine Hänge-Bondage tauglich. Spannender seien auch Hanfseile, weil sie starrer sind und sich nicht festziehen. Bei Baumwolle könne dies durch ein geflochtenes Seil gewährleistet werden.

Wenn Hanf allerdings nass würde, müsste man aufpassen, dass das Seil nicht noch enger würde und sich stärker als gewünscht, um den Gefesselten lege. Wenn Seile gewaschen würden, sollten Hanfseile möglichst unter Zugbelastung getrocknet werden – bei Baumwollseilen ist dies dagegen nicht notwendig.

Tatsächlich wurde die Erfahrung berichtet, dass ein Aktiver beim Fesseln erotische Gefühle, bis hin zum Orgasmus erlebte. Und auch die Möglichkeit, beim Passiven die entsprechenden Gefühle hervor zu locken, kann für aktive Fessler reizvoll sein. Im Gespräch fanden einige, dass schlichtweg die Phantasie durch das Fesseln angeregt würde und in der
Tat auch ein gewisser Perfektionismus reizvoll sei: ob man die gewünschte Knotentechnik auch beherrscht. In Verbindung mit SM kann Bondage zum Realen „Fesselspiel“ werden, stellte sich im Gespräch heraus. Wenn das fertig verschnürte Paket endlich hilflos gemacht, anderen Reizen ausgesetzt wird, kann der Übergang zu anderen Spielarten fließend werden. Und gerade die Langsamkeit einer Bondage kann zu einem Prozess führen, der die Beteiligten ganz langsam in die gewünschten Rollen führt. Ein Teilnehmer berichtete, dass es für ihn erst richtig sexuell würde, wenn die Bondage beim anderen zu Schmerzen führt.
Allerdings muss dies für ihn nicht immer so sein. Er berichtete von einem Workshop, wo die Zuschauer ganz enttäuscht waren, dass er seine Partnerin ausgiebig fesselte und dann wieder losband, gerade wenn es für andere erst richtig losgegangen sei; weil auch ihm auch kürzere Aktionen Spaß machen. Vielleicht entsteht hier eine schöne Metapher für Sadomasochisten, die oft die ganz große, sich steigernde Session wünschen und mit wenig zufrieden sind. Die Integration sadomasochistischer Neigungen in das eigene Leben kann gerade auch durch „die kleine Session“ zwischendurch stattfinden. Weniger kann mehr sein – und helfen, mit Enttäuschungen umgehen zu lernen ohne im Frust zu versinken.

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Quelle: SWL

Rückschau SundMehr „Was macht Schmerz geil?“ – Gast: Psychiater und Ethnologe

Zwanzig Besucher trafen sich im Gesprächskreis SundMehr am 28.04.2017 zum Thema „Was macht Schmerz geil?“ Gast zum Thema, war Ethnologe und Psychiater Prof. Dr. med. Dr. phil. Peter Kaiser, der im Juli 2016 ein Buch „Heilige Qual und die Lust am Schmerz – Spiritualität und Sadomasochismus“ veröffentlicht hatte.

Für einige Teilnehmer überraschend, wurde die Vorstellungsrunde mit der Gretchenfrage „Wie hältst Du’s mit der Religion?“ verbunden, was dem Gast, der eine seiner Doktorarbeiten dem Thema „Religion in der Psychiatrie“ gewidmet hatte, Aufschluss über die Hintergründe der Anwesenden geben sollte – spannt seine jüngste Buchveröffentlichung doch einen Bogen von Spiritualität zu Sadomasochismus. Bei den Statements der Anwesenden zeigte sich, dass sich fast jeweils ein Viertel der Anwesenden als explizit gläubig und ebenso viele als atheistisch oder nicht gläubig empfanden, wobei ein Mittelfeld in die eine oder andere Richtung tendierte; z.T. auch ohne feste Definition, ob ein vorhandener Glaube den christlichen- oder kirchlichen Vorstellung entspricht. Als nach der Vorstellungsrunde eine Rezension der wissenschaftlichen Arbeit angelesen wurde und der Religionswissenschaftler Peter Kaiser das Wort bekam, erläuterte er gleich, dass auch er die Vorstellungsrunde peinlich empfand, was der Erfahrung entspräche, dass es bei Befragungen zwei
Tabuthemen gäbe: die Sexualität und die Religion. Dennoch träfen wir uns hier und immer wieder kämen beide Themen zur Sprache.

Mit Bezug auf das Vorstellungs-Statement eines Teilnehmers, der beschrieben hatte, dass er schon als Kind museale Ausstellungen mit kirchlichen Märtyrern faszinierend fand, erläuterte er, dass hierbei kennzeichnend gewesen sei, dass er wohl keine detaillierten Abbildungen von Geißlern gesehen habe. Dies sei dem Umstand geschuldet, dass Märtyrer eben schnell getötet und dann auch schnell heiliggesprochen worden seien. Mangels Christenverfolgung, wie in der ausklingenden Antike, gab es zudem die Möglichkeit des Martyriums nicht und sich in aufwändiger und publikumswirksamer Weise selbst zu kasteien sei bevorzugt Sache von Personen aus der mittelalterlichen Oberschicht
gewesen: viele Mystiker seien aus dem Adelstand gekommen. In Zeiten, in denen weniger bemittelte Menschen sich keine Ablasszahlungen leisten konnten, seien diese auf die Idee gekommen, im Nachvollzug des Leidens Christi Vergebung der Sünden zu suchen – zumal im Mittelalter die Angst vor der Verdammnis und dem Fegefeuer groß gewesen sei. Anfänglich stand die Kirche den Geißlern positiv gegenüber, da diese das Leiden im Namen Christi befürwortete. Erst als die Geißler zunehmend unabhängig auch von den Geboten der Amtskirche agierten und deren Autorität in Frage stellten, wurde die Bewegung, die sich von Norditalien ausbreitend immer weitere Bevölkerungsschichten erfasst hatte, von Rom mit Verboten belegt.

Mit Bezug auf sein Buch, meinte der Gast dann, dass es ihm weniger um dessen Vorstellung ging, als darum, mit uns ins Gespräch zu kommen. Dazu schlug er vor, die Zusammenfassung im hinteren Teil gerafft vorzulesen und bat die Runde um Rückfragen, zur jeweiligen Erläuterung seiner Grundaussagen:

Der sexuelle Trieb sei kaum unterdrückbar und kann zu einer Gefährdung des Zusammenhalts von sozialen Gruppen führen. Darum wird er von den meisten religiösen Gemeinschaften eingeschränkt oder kontrolliert – weil er eben nicht das Sozialverhalten stärkt, sondern die Fortpflanzung sichert (letztlich die Weitergabe der eigenen Gene [Anm. J.W.]). Die Vorstellung von ganz offenen Beziehungen, bei indigenen Völkern, die aus der Runde eingeworfen wurde, verwies Kaiser in das Reich der Ammenmärchen, wobei die Ehe hier oft eine Funktionsgemeinschaft sei und nicht unbedingt eine lebenslange Zweierbeziehung. Auch wirklich matriarchale Gesellschaften gäbe es weltweit nicht mehr. Bei einer sich kurz entspinnenden Diskussion wurde der Unterschied einer Matri-Linearen
Beziehung und eines Matriarchats erläutert. Zudem: wo es letztere gab, waren die „Außenminister“ und für Kriegführung zuständigen Obrigkeiten immer männlich gewesen – da es hier schlichtweg auch um Körperkraft gegangen sei.

Religiöse Gemeinschaften, fuhr der Ethnologe dann weiter mit der Zusammenfassung seiner Hauptaussagen fort, bei denen das Wohl des Individuums höher gilt, als das der Gemeinschaft, bilden hier die Ausnahme (z.B. der Daoismus), bezüglich der Einschränkung der Sexualität. Sexualität wird darum auch oft als Hemmnis für spirituelle Entwicklung betrachtet und Religion als Hemmnis für Sexualität. Im Vergleich mit anderen Religionen hat allerdings das Christentum die Sexualität in besonderem Maße geächtet – und dadurch ausgerechnet auch überhöht.

Schmerz, der nicht als unangenehm erlebt wird, kann lustvoll erlebt werden (wie beim Kratzen eines Mückenstiches). Es kommt also immer auf den Kontext an, wie die Schmerzerfahrung bewertet wird.

Sexualität könne durchaus auch zu einem „Unio Mystica“ Erlebnis führen – einem Gefühl der Entgrenzung, fast wie in Trance, das oft verglichen wird, mit einer Verschmelzung mit „dem Göttlichen“. Darum könne sie auch spirituell werden.

Ausgesprochen schwer war es an diesem Abend, Prof. Dr. Dr. Kaiser’s äußerst lebendigem Vortrag für diese Rückschau zu notieren. Immer wieder flossen humorvolle Beispiele ein, wie das für die Aussage, dass auch bei uns für eine positive Schmerzbewertung ein Bezugsrahmen notwendig ist, der ein überschaubares, kontrollierbares Restrisiko übrig lässt. Selbst wenn viele von uns angeben, gerne ganz hilflos sein zu wollen. Zur Situation, wenn sich Sadomasochisten bei einer SM-Session „nadeln“ lassen wollen, beschrieb Kaiser, was einem Passiven für Gedanken durch den Kopf schießen könnten, der mit verbundenen Augen da liege und höre, wie jemand sagt „Oh, die ist mir jetzt runtergefallen“ und ein anderer „die kann man ja nochmal nehmen“ Und leicht erheitert bestätigte das Gros der Anwesenden dass dann erotische Gefühle eher verfliegen.

Zum Thema der Neurotheologie meinte Kaiser, dass es diese eigentlich gar nicht gebe. Die entsprechenden Forschungen seien Anfang des Jahrtausends von interessierten, evangelikalen Kreisen in den USA finanziert worden, wohl um eine Art Gottes-Beweis, oder zumindest den Sitz der Seele zu finden. Dennoch habe man nun die Ergebnisse und weiß, in welchen Hirnregionen Zustände bei Meditation und anderen entgrenzenden Erfahrungen aktiviert werden – allerdings eben nicht nur bei der Vorstellung eines konkreten Gottesbildes (wie beim christlichen Gebet), sondern auch bei der angestrebten „Nulllinie“ bei einer meditativen buddhistischen Versenkung – bei der eben keine Anhaftung an konkrete Bilder stattfinden soll – sondern das Eintauchen in ein „Nichts“. Und an „Nichts“ zu denken, sei alles andere als einfach. Auch hier kam es zu eher heiteren Kommentaren Anwesender, die meinten Leute zu kennen, die hierin selbst im Alltag eine natürliche Begabung zeigten. Tatsächlich würden die entsprechenden Hirnregionen nicht nur bei Situationen, die eine Entgrenzung und latente räumliche Desorientierung zur Folge haben können, sondern auch beim Orgasmus aktiviert.

Zur Frage, was nun „Schmerz geil“ mache, verwies der Psychiater auf die Dopamin-Ausschüttung im Gehirn. Endorphine allein seien es nicht, denn diese würden Schmerzunempfindlich machen. Dopamin docke an dieselben Rezeptoren an, wie Kokain und führe zu einer starken Lust auf Neues, bei einschätzbarem, bekannten Restrisiko, bezogen auf die bevorzugte Erfahrung. Durch Wiederholung kann ein Lust-Kick entstehen – fast wie bei einer Sucht. Bungee-Jumper würden auch nicht unbedingt auf einen Fallschirmsprung überwechseln, sondern könnten davor auch größte Angst haben.

Aus der Runde wurden Erfahrungen aus einer intensiven „Flag-Session“
beschrieben: Die Anwesende, die davon berichtete, sei wie in Trance heimgefahren und hätte zu Hause nicht mehr gewusst, wie sie den Weg bewältigt habe (und schwor sich, nie mehr nach einer solchen Session Auto zu fahren). Kaiser führte dies auf den Zustand einer „Alertness“ zurück, wie nach einem Unfall, wenn Verletzte sich an den Hergang nicht mehr erinnern können. Das Gehirn ist noch ganz damit beschäftigt, das Geschehen zu verarbeiten. Man ist hellwach, jedoch auf wenige Informationskanäle focussiert. Durch Erinnerung kann dies länger wachgehalten werden. Auch, in dem man bei der Autofahrt auf der entsprechenden Körperstelle sitzt und sie schmerzhaft spürt. Der Reiz ist immer noch da, wird nacherlebt und das Gehirn konzentriert sich darauf. Weitere Fragen ergaben sich zu den Zuständen, überhaupt nach einer Session. Bei als angenehm empfundenen Körperberührungen wird das Hormon „Oxytocin“ ausgeschüttet, das in der Regel die Bindungsgefühle der Beteiligten stärkt. Dass dies nach einem Orgasmus kürzer ist, als nach einer SM-Session, führt Kaiser darauf zurück, dass die Zeit, die für das Geschehen aufgewendet wird, bei SM ja auch viel länger ist, als beim als normal empfundenen Sex. Dreht sich hier die Aktivität um mehrere Minuten, scheint es bei SM doch um Stunden zu gehen. So sei die Erinnerung dadurch intensiver und das Geschehen bliebe auch länger im Gedächtnis. Aus der Runde wurde die Vermutung geäußert, dass viele Masochisten darum auch so stolz auf ihre „Spuren“ seien, weil sie ein intensiveres Nacherleben ermöglichen.

Auch nachdem am Ende des moderierten Teiles noch der Schluss der Rezension verlesen und der eloquente Gast verabschiedet wurde, wollten die Besucher Prof. Dr. Dr. Kaiser kaum gehen lassen und diskutierten noch lange, teils in Einzelbeispielen, teils allgemeiner Art religionswissenschaftliche Themen, teils weitere Aspekte der Schmerzwahrnehmung. Die Rückfrage einer Anwesenden, wie es denn mit der Thematik sei, was die Lust ausmacht, anderen Schmerzen zuzufügen, machte Auffällig, dass diese zwar zugehörige, aber doch ganz andere Frage im Kontext des Geschehens, nicht erörtert worden war. Zumindest die Anfrage ergab sich daraus, ob der Gast bereit wäre, dieser Thematik einen eigenen Abend bei uns zu widmen.

Eine ausführlichere Rezension , als die am Abend angelesene, findet sich hier.

www.sundmehr.de in Kooperation mit AK SMuC: www.sm-und-christsein.de

Quelle: SWL

Rückschau: SundMehr am 28.10.2016 – SM und Kunst

Um sich mit dem Thema „SM und Kunst“ auseinander zu setzen, trafen sich
13 Besucher des Gesprächskreises SundMehr am 28. Oktober. „Sexualität
findet irgendwo statt. Und nur in der Literatur und der bildenden Kunst
kann sie explizit repräsentiert werden“, stellte ein Teilnehmer gleich
in der ersten Runde, die mit der Frage, wo den Anwesenden
Sadomasochismus in der Kunst schon mal begegnet ist, verknüpft wurde,
klar. „Man wird sicher keine sadomasochistische Musik finden, sofern SM
nicht im Text, der an sich ja Literatur ist, dargestellt wird.“

Für mehrere der Anwesenden stellte Bondage teils während der Ausführung,
aber auch in ihrem Ergebnis, Kunst dar. Ein Besucher berichtete von
einer ähnlichen Ausstellung, wie der im Einladungstext beschriebenen „no
pain no game“, bei der er im Stuttgarter Haus der Geschichte schon vor
Jahren eine „Painstation“ gesehen habe, vor der sich begeisterte
Besucher versammelten, um Computerspiele zu spielen, bei der jeder
Fehler mit realen Schmerzen aus Hitze, Stromschlägen oder kleinen
Peitschenschlägen über den Handrücken bestraft wurden (siehe ein
Wikipedia-Artikel https://de.wikipedia.org/wiki/Painstation hierüber).

Die Art, wie manche sich auf großen Erotik-Messen in barocke Kleider
zwängen oder sich als Pony verkleiden lassen, stellte für eine
Teilnehmerin schon Kunst dar, während ihr Partner es rein subjektiv
empfindet, was für ihn schön ist und auf eine nähere Definition des
Kunstbegriffes verzichtet. Ein Teilnehmer berichtete, dass bei
„Ausstellungen“ vor allem an diverse Folter-Museen denkt, wo einige
Besucher eher einen betroffenen, andere einen angeregten
Gesichtsausdruck zu scheinen haben.

Eine zufälligen Straßenszene in Berlin wurde geschildert, bei der eine
Straßenkünstlerin eine bondage-artige Performance zeigte. Was einen
daran anspräche, würden manche Mitbürger halt schwer verstehen.

Bondage war für einen Anwesenden eher etwas Handwerkliches. Er wunderte
sich, was daran für andere Kunst sei. Er selbst denke dabei an Musik,
die ihn bei einer Session begleite. Zudem fotografierte er selbst auch
ästhetische Akte, die jedoch nicht speziell sadomasochistische Motive
haben mussten.

„Kunst ist, was die Seele bewegt“, meinte eine Besucherin. Schon der
menschliche Körper an sich sei für sie ein Kunstwerk. Mit einem
augenzwinkernden Verweis auf das letzte Treffen, stellte ihre
Nebensitzerin fest, dass es für ihre Töchter schon eine Kunst sei, sich
mit ihrer Mutter nicht zu blamieren. Mit ernsthafteren Unterton, meinte
sie, dass auch ohne direkt Latexfetischistin zu sein, manche Werke eines
ihr bekannten Hobby-Latexschneiders, für sie etwas sehr künstlerisches
hätten.

Im Kontrast zu den vorherigen Statements stellte dann die nächste in der
Runde fest, dass „Kunst“ ja nichts mit Ästhetik zu tun haben müsse, wie
das Beispiel von Marina Abramovic zeigte, deren Kunst vor allem auch
verstöre. Der Betrachter interpretiere etwas, ohne zu wissen, ob sein
Verständnis in der Absicht des Künstlers lag.

Zum Thema „Foltern“ berichtete jemand, dass er auf Partys schon
Situationen gesehen habe, die er selbst niemals erleben wollte. Ebenso
sei für ihn manche bei Wilhelm Busch beschriebene Situation ansprechend,
die auch anderen in der Runde SMige Assoziationen kommen ließen: Wie Max
und Moritz am Ende in einen Sack eingenäht zu werden, in Brotteig
verschlossen zu werden? Sieht man von der Kleinigkeit ab: dass der
Vorgang des Backens wohl weder als „Safe“ noch als „Sane“ zu bezeichnen
wäre. Auch im Jazz-Song „fais moi mal Johnny“
https://www.youtube.com/watch?v=pchB-4dKpDE von Magali Noel hatte ein
Teilnehmer SMige Anspielungen entdeckt, die jedoch im Text irgendwann
kippen. Auch bei einem anderen Lied, das ihn bezüglich seiner erotischen
Neigungen ansprach, hatte er den Fehler gemacht, sich den Text zu
übersetzten. Als sich herausstellte, dass es um starken Liebeskummer
ging, war die Inspiration durch die Musik für ihn verflogen. Zum Thema
Musik wurde dann diskutiert, ob bei Bachs 1. Satz aus dem
Brandenburgischen Konzert Nr. 3
https://www.youtube.com/watch?v=hl1p8LTeNiA gegen Ende ein männlicher
Orgasmus herausgehört werden kann.

Es stand fest, dass der Kunstbegriff getrennt vom eigenen Verständnis
und Geschmack benutzt werden muss. Als mögliche Definition wurde die von
Erich Fromm vorgeschlagen, wonach der Mensch sich produktiv in seiner
Umwelt ausdrücken will. Demnach ist im Grunde nach jeder Mensch, der
seine Gedanken und Gefühle schöpferisch umsetzt ein Künstler – egal ob
er Erfolg hat, oder nicht.

„Der Künstler hat das Bedürfnis, etwas kreativ zu erschaffen“, stellte
eine Anwesende dazu fest, worauf eine andere meinte, Kunst sei es, wenn
Menschen das Erschaffene dann auch gut finden. Entsteht Kunst also erst
im Auge des Betrachters? Auch bei der Begegnung zwischen Menschen sei
dies der Fall, wurde aus der Runde geäußert. Es gibt immer einen
Menschen, der den anderen gut findet, was manche einsame Seele trösten
mag. Im Gespräch wurde Kunst auch als rein handwerkliches Geschehen
verstanden, wobei dies einem sehr klassischen Kunstbegriff nahekommt,
bei dem die Kunst eben vom Meister an den Schüler weitergegeben werden
kann. „Das ist, wie wenn jemand sagt, der Mensch besteht zu 60% aus
Wasser, zu 17 % aus Fett und 17% aus Eiweiß, plus 6% übriger
Bestandteile. Was der Mensch ist, hat man mit so einer Definition immer
noch nicht verstanden“, war dann der Einwurf. Kunst ist also doch mehr:
nämlich die Idee, die im Kopf des Künstlers bestand, bevor das Kunstwerk
entstand. Eine modernere Verwendung des Kunstbegriffs trägt dem
Rechnung, denn Kunst ist dabei der Subjektive Ausdruck, die Performance
im Dialog mit dem Betrachter.

Streckenweise wurde an diesem Abend wie in einem gewöhnlichen
Volkshochschulkurs über Kunst gesprochen, ohne dass zwingend
feststellbar war, dass das Gespräch in einem Kreis interessierter SMer
stattfindet.

Ist dann Kunst, wenn Harmonie entsteht, zwischen dem, was der Künstler
ausdrücken will und was der Betrachter versteht? Wäre dies nicht eine
passende Analogie zum SMigen-Geschehen, bei dem das, was der Aktive
machen will, auch beim Passiven entsprechend ankommen sollte? Oder
zumindest – der Spur nach? So wäre eine Session als Ausdruckskunst zu
verstehen, doch der Gedanke konnte sich in der Runde nicht durchsetzen.
Denn wieder wurden Abramovic’s teilweise verstörende Performances
zitiert. Bildnerische Darstellungen aus Sadomasochistischen
Online-Communities wurden dagegen gehalten, wobei auch über die
ästhetische Qualität gestritten wurde, wie auch über die der Abbildungen
in den Schlagzeilen. Gegenvorschläge aus Bildbänden, über das was
Anwesende anspricht, waren allerdings subjektiv gefärbt und über
Geschmack lässt sich einfach nicht streiten. Eine Besucherin stellte ein
eigenes Gemälde vor. In einem Akt aus dem Internet hatte sie sich so
sehr wiedergefunden, dass sie das Bild einer entspannt, selbstvergessen
und lustvoll daliegenden Frau unbedingt in Öl nachmalen musste – und
sich sehr beherrschte nicht Halsband und Manschetten hinzuzufügen, da es
in ihrer Wohnung auch von familiären Besuchern und Gästen zu sehen war;
ein ganz praktischer Dialog zwischen Künstler und Betrachter, bei der
die Betrachterin selbst zur Künstlerin wurde und versucht war, nach
ihrer eigenen Idee zu ergänzen.

Am Ende blieb es – sofern nicht ganz klar und absichtlich
sadomasochistische Szenen abgebildet werden – Interpretations-Sache, ob
in einem Werk SMige Züge gesehen werden.

 

Quelle: SWL

 

Rückschau: SundMehr – „Wie sag ich’s meinen Eltern?“ (Gast: Kinder von Gesprächskreisteilnehmern)

Zweiundzwanzig Leute besuchten am 30. September 2016 den Gesprächskreis SundMehr, um sich darüber auszutauschen, wie Kinder es ihren Eltern am besten sagen können – dass sie über die sadomasochistischen Vorlieben ihrer Eltern schon längst Bescheid wissen. Dass die Frage nicht abstrakt erörtert wurde, konnte durch vier Töchter langjähriger Gesprächskreisteilnehmer gewährleistet werden, die als Fachleute anwesend waren.
Bei der Vorstellungsrunde stellte sich heraus, dass die wenigsten der anwesenden Elternteile ihre Neigungen vor ihren Kindern geheim hielten oder -halten konnten. Eine Tochter machte bei der Vorstellungsrunde gleich klar, dass dies auch kaum möglich wäre, – die Kinder bekämen es ohnehin heraus. Ihre ebenfalls anwesende Schwester meinte zur Frage, ob sie es verheimlichen würde, wenn sie Kinder hätte, dass es ihr zu anstrengend wäre. Die Mutter der beiden hatte sich lange Jahre der Illusion hingegeben, es erfolgreich verheimlichen zu können, wie sie zur allgemeinen Heiterkeit darlegte. Auch die zu ihrem Bedauern nicht anwesende Tochter einer weiteren Gesprächskreisbesucherin wisse Bescheid. Mit ihr könne sie über alles sprechen, auch wenn es die Sexualität beträfe,– so hatte sie z.B. ihren O-Ring kommentiert. Dass dies nicht ganz selbstverständlich ist, berichtete eine andere Teilnehmerin; mit einer Tochter könne sie mehr, mit einer anderen weniger darüber sprechen. Ihr Partner, ohne Kinder, plädierte dafür es ab einem gewissen Alter anzusprechen, jedoch ohne es aufzudrängen. Die Söhne des ältesten anwesenden Gesprächskreisteilnehmers,– beide Mitte vierzig,– wüssten nichts darüber. Von familiären Umwegen berichtete ein Vater, dessen Töchter vierzehn und sechzehn Jahre alt sind: ohne einen Hehl aus seiner Neigung zu machen, ist er sich klar darüber, dass beide viel internet-versierter sind als er selbst, weshalb sie nachvollziehen konnten, auf welchen Seiten er unterwegs ist. Dies würde jedoch nicht mit ihm thematisiert, sondern mit der Patentante, die ihm dann wieder Rückmeldung gibt. Er selbst wolle über das Thema nicht mit seinen Töchtern sprechen.
Ein neuer Teilnehmer, der gerade dabei ist, seine Neigungen neu zu entdecken und dabei den Schwerpunkt in Bondage sucht, räumt die Seile weg, wenn seine Töchter bei ihm sind. Dennoch war er überrascht, als er einmal eine Puppe seiner Tochter an ein Bügelbrett gefesselt vorfand.
Die Tochter, die sich wohl selbst ertappt fühlte, band sie dann jedoch sorgfältig wieder los. Sein Nebensitzer in der Runde war sich bei der Vorstellung, Kinder zu haben, unsicher ob er es verheimlichen würde und wenn – wie lange.
Alle anwesenden Eltern waren geschieden oder getrennt lebend und so berichtete ein Vater, dass er das Thema bis jetzt problemlos verschweigen konnte. Der nun heranwachsende Sohn wird allerdings mobiler und kommt auch spontan vorbei, wodurch er sich schon überlegt, wie er damit umgehen sollte, falls er etwas von seinen Neigungen mitbekommen sollte. Ein Vater berichtete davon, dass seine Kinder nichts davon wüssten. Dennoch beabsichtige er nicht, lange ein Doppelleben zu führen.
Eine der anwesenden Töchter fand die Aussage amüsant, berichtete aber selbst: dass sie es ihren Kindern nicht sagen würde, sofern sie vom Thema betroffen wäre. Sie wolle vom Sex-Leben ihres Vaters eigentlich nichts wissen, wenn es allerdings bekannt würde, würde sie davon wissen wollen, kam dann doch eine Ambivalenz zum Vorschein. Ihr Vater berichtete, dass sie es schon im Kindesalter mitbekommen haben müsste, als sie seine Stiefel ausgeliehen haben wollte, worauf die Tochter Einspruch erhob: sie habe sich dabei doch gar nichts gedacht. Der Vater äußerte dann aber, dass er es nicht aktiv angesprochen, jedoch auch keinerlei Anstrengungen gemacht habe, es zu verheimlichen. „Seine Kinder zu belügen ist jedenfalls das schlimmste, was man machen kann!“ unterstrich er seine Aussage.
Der nächste in der Vorstellungsrunde, wollte eine differenziertere Sicht: es seien zwei Paar Schuhe, ob man seinen Kindern auf abstrakter Ebene, mit einer gewissen akademischen Distanz, etwas über Sadomasochismus im Allgemeinen und im Besonderen erkläre, oder von eigenen intimen Einzelheiten berichte. Im Prinzip ginge seine Sexualität seine Kinder auch nichts an. Auch seine kinderlose Partnerin plädierte dafür, es weder pro-aktiv anzusprechen noch es zu verheimlichen, alle Fragen zu beantworten und keine Ausreden zu erfinden.
Dass Male von einer Session auch zu einem aufklärenden Gespräch führen können, berichtete ein Vater, der so einen Anlass zu einem aufklärenden Gespräch mit seinem jungen Sohn fand, der seinerseits enttäuscht war, weil die Illusion, dass die letzte Balgerei mit dem Papa bei diesem zu Spuren geführt hätte, dahin war.
Ein weiterer, seit Jahren von seinen Kindern getrennt lebender, aber doch in Kontakt stehender Vater hatte nie die Notwendigkeit gesehen, SM seinen Söhnen gegenüber zu thematisieren. Seine Verlobte berichtete von ihren Kindern, dass ihr Sohn eine eigene Affinität zu SM gefunden hatte und sie immer mal wieder um Tipps gebeten hatte, ohne dass sie ihm sagte, woher ihr Wissen kam. Flapsig hatte er sie auch „meine Domi-Ma“ genannt. Als es sich schließlich ergab, dass sie sich outete, reagierte er nur mit: „Ach darum weißt du so gut Bescheid.…“ Die anwesende Schwester, die den Bericht mit Amüsement verfolgte, meinte selbst, für sie sei das ganze klar gewesen, weil sie sich ja im Haushalt beteiligt habe. Da wären dann schon einige nicht alltägliche Wäschestücke dabei gewesen oder mal eine Seil auf der Leine gehangen, das nicht zum Aufhängen von Wäsche gedacht gewesen sei. Sie selbst würde, wäre sie betroffen, das Thema auch privat halten. Wenn das Gespräch jedoch darauf käme, sich ihren Kindern gegenüber outen.
Abgeschlossen wurde die Vorstellungsrunde von dem Bericht eines Vaters, der vor allem aufklären und seinen Kindern ein potentielles Leiden unter der eigenen Sexualität ersparen wollte. Dennoch sei es auch hier zu latenten Drohungen der Ex-Frau gekommen, dem Jugendamt zu berichten, dass das BDSM-Magazin Schlagzeilen offen herum gelegen habe. Als er seine Töchter im Grundschulalter beim spielerischen Balgen und sich durchkitzeln beobachtet habe und ganz nebenbei die Frage gestellt bekam, ob er es auch „geil fände, gefesselt zu werden“, habe er dann aufklärerische Auskunft gegeben, während er selbst im Gedanken vertieft war, was gewesen wäre, wenn er selbst diese Auskünfte als Kind so bekommen hätte…. Mit der Frage, was denn nun der Gradmesser sei, wie viel und was man wann erzählen sollte, wurde das Gespräch nach der bereits reichhaltigen Vorstellungsrunde eröffnet. Für einen Vater war es einfach die Tatsache, dass er sich nicht verstecken oder drumrum drucksen wollte. Spontane, komische Überraschungen könnten so vermieden werden. Hätte ihr Sohn sie nicht direkt darauf angesprochen, hätte sie es ihm auch nicht erzählt, berichtete eine Mutter. Klar war allen anwesenden jedoch– wohl auch aus der Erfahrung mit ihren eigenen Eltern,– dass Kinder von der ausgelebten Sexualität ihrer Eltern nichts mitbekommen wollen, obwohl sie davon ausgehen, dass die Eltern eine Sexualität haben.
In der Diskussion, an der die nun gerade Anfang zwanzig-jährigen Kinder ihrer Eltern teilnahmen, stellte sich die Frage: Bis zu welchem Punkt können Kinder damit umgehen, von der Sexualität der Eltern zu erfahren.
Ihr sei es egal, meinte eine der angesprochenen. Die Sexualität ihrer Mutter interessiere sie nicht die Bohne. Ihre Schwester hatte die Mutter bereits zu einer SM-Party begleitet – unter der Bedingung, dass sie ihre Mutter nicht in Aktion sehen wird, also „nur zum Gucken“ –und fand das alles sehr interessant.
Ein Vater stellte die Frage, ob es vielleicht auch um das Schutzgefühl der Kinder ginge, die ja sicher nicht sehen wollten, wie ein Elternteil gequält oder erniedrigt würde. Sowas könne man doch kaum einordnen. Eine der Töchter berichtete, dass umherliegendes SM-Equipment für sie nicht „schlimm“ gewesen sei. Jedoch habe sie keinerlei Details wissen wollen.
Andere Anwesende ergänzten, dass dies ja nicht nur für Kinder, sondern auch für Freunde komisch sei, die mit SM nichts zu tun hätten. Ob es für Kinder eine Rolle spielt, auf welcher Seite der Vater oder die Mutter im SMigen Spiel steht, konnte nicht eindeutig geklärt werden.
Dass man nicht auf akademischer und dennoch inhaltlicher Ebene über SM sprechen könne, berichtete deine Mutter, deren Sohn sich auf philosophisch-psychologischem Hintergrund dafür interessierte, warum es erwachsene Mitbürger gibt, die sich regelmäßig in einem Gesprächskreis treffen, um sich über ihre Sexualität auszutauschen. In diesem Zusammenhang sei es eher um das Thema gegangen, wie Menschen sich fühlen können, was interessant sein kann, auch ohne persönliche, intime Details zu verbalisieren. Zudem zeigt sich hier eine Grenze, die auch im Gesprächskreis SundMehr bei Lichte betrachtet kaum überschritten wird; auch unter Sadomasochisten gibt es einen Bereich der „Intimität,“ der mit Fug und Recht nicht in großer Runde erörtert wird. Aus der Runde hieß es dann ergänzend, dass andererseits auch nichts tabuisiert werden sollte.
Genau dies scheint der Knackpunkt beim gesamten Aufklärungsthema zu sein, an dem sich schon Generationen von Eltern auch ohne Affinität zu SM sich die Zähne ausgebissen haben, um sich mit ihren Aufklärungsversuchen dann zu den Bienen zu flüchten.
Doch schwingt bei SM auch immer die Angst vor Diffamierung und Ausgrenzung mit. So berichtete ein geschiedener Vater mit weitläufiger Verwandtschaft in sehr konservativen, religiösen, schwäbischen Glaubensgemeinschaften von seinen Bedenken, seine Ex-Frau könnte Informationen ungesteuert an seine Verwandtschaft streuen, wodurch er Schwierigkeiten bezüglich seiner Vaterschaft fürchtet.
Doch wo fängt im Umgang mit Kindern die Überforderung an? Ein Anwesender wiederholte sein Plädoyer für Offenheit, ohne sich den Kindern aufzudrängen. Doch wo ist der Moment, ab dem spätestens „Tacheles“ geredet werden sollte, wurden die betroffenen Nachkommen SMiger Eltern um ihre Meinung gebeten.
„Der Zeitpunkt ist spätestens dann da, wenn der Alltag durch das Doppelleben so beeinträchtigt wird, dass die Beziehung darunter leidet“, gab eine Tochter zur Antwort. Die Kinder könnten sich fragen: „Was machen meine Eltern so schlimmes, dass sie es mir nicht mal sagen wollen?“ Kinder sind dann eher sauer, wenn sie es später hintenrum erfahren, ergänzte eine weitere, von einem SMigen Elternteil betroffene Tochter.
Zu Bedenken blieb, dass alle Aussagen von nun schon erwachsenen Kindern kamen– und von solchen, die mit der Tatsache, dass ihre Eltern(-teile) etwas mit SM zu tun haben, umgehen konnten (denn andere wären schwerlich bereit gewesen an diesem denkwürdigen Abend ihre Eltern zu SundMehr zu begleiten); ein Grund, warum die Statements dieses Abends leider nicht als repräsentativ gelten können. Fraglich bleibt also, wie man mit minderjährigen Kindern das Thema angeht. Doch über die schon erwähnten Beispiele hinaus scheint es kein Rezept geben zu können.
Es besteht natürlich die Möglichkeit, mit seinen Kinder über Safe, Sane und Consensual als Werte-Codex der SM-Szene ins Gespräch zu kommen, auch als Haltung für das gesamte Leben, das von Toleranz und Offenheit geprägt sein sollte. Doch wird auf dieser Ebene ein aufklärendes Coming-Out-Gespräch mit den eigenen Kindern sicher nicht möglich sein, wenn man sich vierzehn oder sechzehn Jahrelang als intoleranter Spießer darstellte und dann plötzlich, weil „die Zeit reif ist und die Kinder es erfahren können“, aufgrund eigener Betroffenheit in Sachen SM auf Toleranz und Mitmenschlichkeit pocht. „Eltern, die Toleranz wollen, sollten selbst mit gutem Beispiel vorangehen“, formulierte es eine Tochter treffend.
Wichtig war einer anderen der anwesenden Nachkommen die Perspektive, ob das Kind Interesse am Thema zeigt oder ob es ihm egal ist. Doch gerade dies rauszubekommen, ist die große Herausforderung für die Eltern. Dabei scheint eine familiäre Grundtendenz zur Kommunikation durchaus eine Rolle zu spielen. Manche Menschen sprechen einfach wenig über ihre Gefühle.
Und eine anwesende Mutter formulierte ebenso passend: „Die vertrauensvolle Beziehung zum eigenen Kind beginnt mit der Geburt. Nur wenn es diese Basis gibt, kann man später auch über alles sprechen.“ Gradmesser, ob und in welcher Form man über SM und auf sachlicher Ebene über seine Geheimnisse sprechen sollte, ist die Gefahr für die Beziehung zu Kindern. Das Vertrauen, dass auch herangewachsene Kinder spüren, wenn ein Elternteil sich ihnen öffnet, kann als Belohnung zu einer Vertiefung und Stärkung der Beziehung zu den Kindern führen, weil sie sich nun als Erwachsener ernst genommen fühlen können.

 

Quelle: SWL

 

26.11.2016 in Kernern: Workshop für Paare: Besser führen und sich führen lassen

Der Gesprächskreis SundMehr bietet am Samstag, 26. November 2016 einen Paar-Workshop zum Thema „Besser führen und sich führen lassen“ an.
Hier der Ausschreibungstext:

Workshop für Paare: Besser führen und sich führen lassen

Egal, ob der Schwerpunkt auf Dominanz/Submission, Bondage oder Sadomasochismus liegt – beim erotischen Spiel mit BDSM scheint alles klar und einfach: Der aktive Part gibt die Richtung vor, der passive darf folgen müssen. Wir können das bereits genießen, aber manchmal wünscht sich der eine oder die andere, sich in seine Rolle besser fallen lassen zu können. Vielleicht wird man zwar entsprechend seines Wunsches geführt, ist manchmal aber unzufrieden mit Weg, Richtung oder Ziel? Oder der Führende hat Mühe die Richtung vorzugeben, weil sein Partner sich trotz aller gegenteiligen Bekundungen, geführt werden zu wollen, sträubt? Man spürt oder findet in die Rolle des Führens nicht hinein… vielleicht macht auch die Machtausübung mehr Spaß als unter dem Vorzeichen der Einvernehmlichkeit möglich ist…
Gerade bei der Erotik geht es trotz verteilten Rollen um Teamplay, das am Besten klappt, wenn die Kommunikation stimmt. Beim Workshop wird die Möglichkeit gegeben, diese zu trainieren sowie sich selbst und seinen Partner besser kennen zu lernen, in dem außerhalb erotisch aufgeladener Situationen erkundet wird, wie sich die jeweilige Rolle anfühlt. Die so gewonnenen Erkenntnisse lassen sich dann, wenn es wirklich drauf ankommt, in die Intimität übertragen, sodass wir besser aufeinander eingestellt sind und uns besser führen oder führen lassen können.
Eingesetzt werden hierzu methodische Übungen aus dem Bereich des Coaching.

Workshopleitung: Joe Wagner www.joe-wagner.de

Zielgruppe: Paare, die in ihrer Liebes- oder auch konstanten Spielbeziehung miteinander BDSM Erotik ausleben.
Kosten: 35,- Euro pro Person – vor Ort zu entrichten.
Termin: Samstag, 26.11.2016.
Uhrzeit: 10:00 Uhr bis 14:30 Uhr mit 30 Minuten Pause.
Ort: 71394 Kernen (genaueres nach verbindlicher Anmeldung).
Mitzubringen: bequeme Alltagsbekleidung, sowie ein Besenstiel (pro Paar).

Anmeldung per Email an Joe Wagner über dscho.wagner@web.de. Stichwort: Paarworkshop

Anmeldeschluss 19.11.2016

Wer will, ist herzlich eingeladen, am Vorabend, 25.11.2016 um 20:00 Uhr
zum „Warming-Up“ im Gesprächskreis SundMehr. Thema: „Schuld und Scham als Sadomasochist?…“. Zu Gast wird ein Pfarrer sein. Es besteht für weiter Gereiste Übernachtungsmöglichkeit im angeschlossenen, bürgerlichen Hotelbetrieb (bitte selbst dort anfragen und reservieren).

 

Quelle: SWL

Rückschau: SundMehr – Fetisch oder Vorliebe?

Am 2. September 2016 trafen sich zum ersten Gesprächskreis nach der thematischen Sommerpause sieben Leute mit sadomasochistischen Interessen, um sich über „Fetisch oder Vorliebe“ auszutauschen. Schon bei der Einstiegsfrage, ob die Anwesenden bei sich einen Fetisch ausmachen, stellte sich als große Übereinstimmung heraus, dass es in der Regel um das Zusammenspiel von Situation und Person ankommt. Nur eine Teilnehmerin fiel spontan als möglicher Fetisch ein, einen Mann in High-Heels, Strumpfhose und Rock vor sich zu haben, –was sie selbst nicht tragen würde. Andere sprachen eher von einem „Fimmel“, den sie bei sich ausmachten, statt von einem Fetisch. Ein Teilnehmer führte noch
differenzierter aus, dass es für ihn darauf ankäme, was sich ergibt: das könne heute so sein, morgen anders. Ein Anwesender meinte dagegen, ihn mache alles an, was im Kontext von SM Erwachsene, gegengeschlechtliche Leute, einvernehmlich miteinander anstellten könnten. Vielleicht sei die Thematik „SM“ für ihn an sich ein Fetisch.

Durch diese anfänglichen Statements entfernte sich das Gespräch schnell von der Unterscheidung zwischen Fetisch und Vorliebe. Eher ging es um Situationen und Gefühle, die man für unabdingbar für eine erfüllte Sexualität betrachtet, statt um einen Gegenstand oder ein bestimmtes Material.

Wenn das Gegenüber nicht passe, könne sie machen, was sie will, beschrieb ein Anwesender sein Empfinden. Ganz albern fand er die klischeehafte Werbung im Fernsehen „Ruf! Mich! An!“. Auch ein anderer fand, dass eine Frau noch so erotisch aufgebretzelt vor ihm stehen und attraktiv aussehen könnte,– wenn ihre verbalen Äußerungen eine eher geringe Intelligenz und einen schlichten Charakter erkennen ließen, würde das ihn schon ablöschen. Stellt Intelligenz und Charakter vielleicht bereits einen Fetisch dar?

Fetische lassen sich nicht immer umsetzen, meinte eine Anwesende, die als ironisches Beispiel schilderte, am liebsten am kleinen Zeh an der Kirchturmuhr festgebunden zu werden. „Manches muss auch nicht erlebt werden, und es reicht das Kopfkino! Ich kann von der Südsee träumen und muss dennoch nicht hingefahren sein!“

Aber was wenn die Sehnsucht so groß ist, dass man das Gefühl hat, kaum noch weiterleben zu können, wenn man diese oder jene Erfahrung nicht gemacht hat? Warum ist für viele Sadomasochisten erfüllte Sexualität nur vorstellbar, wenn sie auf BDSM basiert? Zum vollständigen Fetischismus gehört, dass der betreffende Mensch ohne seinen Fetisch nicht erregt, befriedigt und zum Höhepunkt gelangen kann. Was, wenn zwar ein Orgasmus möglich ist, aber der Sex halt nicht als so erfüllend erlebt wird, wie er sein könnte, wenn endlich lange gehegte Träume erlebt würden?

In Beziehungen stimmt doch immer irgendetwas nicht, warf ein Anwesender ein. Das perfekte Kopfkino käme höchstens beim Drehbuch zum Tragen, das man bei einer professionellen Dienstleisterin http://www.sundmehr.de/Termine/20160401.htm abgeben kann– und dann sei ja das Enttäuschende, dass die Träume des Kunden nicht aufgrund der eigenen Bedürfnisse der Domina erfüllt werden, sondern weil es sich um eine Geschäftsbeziehung handelt.

Und umgekehrt: wenn ein Beziehungspartner auf den Fetisch des anderen „nur“ ihm zur Liebe eingeht, wird dies an der Atmosphäre beim Spiel zu merken sein; die weniger intensiv, weniger authentisch rüber kommt.

Ein Dilemma, was viele Sadomasochisten in langjährigen Beziehungen kennen und viele davon abhält, eine Beziehung einzugehen, obwohl sie sich sehr danach sehnen. Auslagern wollen sie nichts, nur für den anderen tun (oder aus Liebe: getan bekommen), fühlt sich auch nicht gut an. Am besten wäre eine Gedankenverschmelzung der Sehnsüchte beider Beteiligten. Besser sei es schon, den Fetisch oder die Vorliebe auszulagern und sich diese außerhalb einer Beziehung befriedigen zu lassen, meinte einer der Anwesenden,– was vor allem bei Beziehungskonstellationen notwendig erscheint, wo beide Partner dominant sind; und seiner Beobachtung nach auch oft klappt.

Im Gespräch würden enttäuschende Besuche in Swingerclubs zitiert, bei
denen nach dem anfänglichen Reiz am Ambiente festgestellt wurde: dass es doch nur um körperlichen, reinen Sex ging. Sind wahre Sadomasochisten also die besseren Romantiker?

Doch gibt es auch Leute, die sadomasochistische Praktiken nicht mal als Sexualität verstehen. Von diesen muss jeder für sich selbst klären, ob die lustvollen Gefühle, die er bei der Zufügung von Schmerz, bei Erniedrigung und Hilflosigkeit erlebt, die gleiche Qualität haben, wie der Endorphin-Rausch bei einer Motorradfahrt, beim Lesen eines spannenden Buches oder dem Essen eines perfekt gekochten Menüs. Ist Lust gleich Lust, oder tragen dann SM-Praktiken nicht deutlich erotischere Züge, selbst wenn Geschlechtsverkehr nicht mal angestrebt wird? Handelt es sich dann nicht doch, trotz aller Leugnung, um Sexualität?

Nicht aufgeklärt wurde im Gespräch auch, wo der Unterschied liegt, zwischen der aus der Beziehung offen ausgelagerten Erotik zum, als enttäuschend beschriebenen Besuch eines Swingerclubs, eines SM-Studios oder einer Party http://www.sundmehr.de/Termine/20160429.htm. Alles sei legitim, meinten die Anwesenden schließlich. Letztlich könnten das alles auch gelungene (Not-?) Lösungen sein.

Doch die Suche nach einem gemeinsamen Nenner kann auch Chance sein, erklärte eine Anwesende, die sich selbst im Ursprung nicht als Sadomasochistin bezeichnet. Dabei wurde eingeworfen, dass Fetische und Vorlieben sich an sich nicht verändern, allerdings erweitern lassen. Als sexuell ganz allgemein interessierter Mensch sollte man viele Möglichkeiten haben, mit jemandem glücklich zu werden, für den Sadomasochismus fester Bestandteil seiner Identität ist, meinte die Teilnehmerin– und auch ein SMer mit diesem. Ob dies auch auf Beziehungskonstellationen zutrifft, wo letzerer definitiv auf Dominanz, bzw. die aktive Seite SMiger Spielarten steht, wurde nicht angesprochen, – müsste ein nicht masochistischer Partner doch dann gegebenenfalls lernen, Schmerzen zu erotisieren.

Doch für alle anderen Situationen schien die Aussage, dass Sadomasochisten ja so schwer einen passenden Partner finden weil, sie anders seien, als überhöhter Grabenkampf. Wir hier –- die Vanillas dort. Vor allem Sadomasochisten sind dann eingeschränkter, als allgemein sexuell aufgeschlossene Mitbürger; Anzeichen dafür, dass für viele Sadomasochismus doch einen begrenzenden Fetisch darstellt, der eine erfüllte Sexualität und das Finden einer Partnerschaft eher erschwert?

Es könne gut tun, die Dramatik zwischen Vorliebe und Fetisch etwas tiefer zu stapeln, wurde in der Runde geäußert. Der verständliche Versuch, seine Träume und Wünsche ernst zu nehmen, kann den Umgang mit der eigenen Sexualität auch schwieriger machen, weil das spielerische Element verloren zu gehen droht. Statt lustvoll, wird dann jede Interaktion bierernst genommen und verliert den lebendigen Austausch zwischen den Akteuren.

 

Quelle: SWL

 

Rückschau SundMehr: „Was war meine beste SM-Erfahrung“

12 Männer und Frauen trafen sich am 24 Juni im Gesprächskreis SundMehr, um sich zum Thema „meine beste SM Erfahrung auszutauschen“. Bei der Einstiegsfrage, ob es für die Anwesenden „die eine“ sadomasochistische Erfahrung gäbe, die sie am liebsten wiederholen würden, wurden die unterschiedlichsten Erlebnisse geschildert, doch selten war dies auf ein einzelnes Erlebnis beschränkt. Zudem waren die Schilderungen unterschiedlich intim oder persönlich.

So berichtete ein Besucher von einer exklusiven Privat-Party auf einer mittelalterlichen Burg, die ihm vom Ambiente sehr gut gefiel, sodass er dort sehr gerne wieder hingehen wird, als eine seiner besten Erfahrungen. Ein anderer Anwesender fand es grundsätzlich schön, mit der neuen Partnerin, mit der er seit zwei Jahren zusammen ist und die im Gegensatz zu seiner vorherigen Beziehung seine Neigungen teilt, endlich mit zunehmender Souveränität SM ausleben zu können. Die plötzliche Möglichkeit, bei einer öffentlichen Bondage-Performance professionell gefesselt zu werden, war für einen anderen eines seiner besten Erlebnisse, das halt nicht wiederholbar ist. Auch das für viele gut nachzuempfindende Verlangen nach Dauer, einer SM-Session, wurde von einem Besucher als Kriterium für seine beste SM-Erfahrung genannt. Auch wenn Wiederholung kaum möglich sei, würde er dennoch versuchen, Situationen, die ähnlich gut sind, erneut anzustreben. Diese Schwierigkeit, aus vielen schönen Erfahrungen eine Auswahl zu treffen, teilten fast alle Anwesenden. Die Erfahrung, die ihn zu seinem Coming-Out geführt hat, war allerdings für einen Anwesenden so einmalig, dass sie leicht definiert werden konnte. Eher die Folge einer Session – dass das Gefühl zu fliegen noch drei Wochen andauerte – als die Session selbst, wurde von einem anderen Gesprächskreisteilnehmer genannt. Einige seiner besten Erlebnisse konnte ein Anwesender gar nicht schildern, weil sie einerseits sehr persönlich und zudem sehr an „die eine“ betreffende Partnerin in seiner Zweierbeziehung gekoppelt war, dass sie kaum wiederholbar ist.

Es kam die Frage auf, wie es zu solch schönen Erfahrungen kommt.
Einhellig war die Meinung, dass die Situation passen muss. Ein Drehbuch und dezidierte Absprache sei eher hinderlich; wie auch Hinweise vom kompetenten Sub an die Aktive während der Session. Auch die durchdachte, perfekt geplante Session sei es eher nicht, wobei Vorbereitung dennoch von Nutzen sein kann. Die Vermutung, dass es an diesem Punkt einen gravierenden Unterschied macht, ob man in der aktiven, oder passiven Rolle spielt, wurde diskutiert. Geht man zum Beispiel auf eine Party, fühlt der aktive Part sich verantwortlich dafür, was mit dem passiven – zu dessen Lust – geschieht. Dabei kann Planung, in der dominanten Rolle auch sehr hinderlich sein, weil sie dazu verlockt, sich eher in eine Beobachter-Rolle zu begeben, als innerlich am Geschehen teil zu haben.
Hilfreich, so ein Gast, sei es dennoch für ihn, sich einen Aspekt aus dem Repertoire seiner Möglichkeiten auszusuchen und dann drauf hinzuarbeiten.

Eine andere Anwesende warf jedoch ein, dass Gefühle sich nicht planen ließen, weshalb das Drumherum der Session wichtiger Auslöser sei. Für sie sei eher das Empfinden beider Beteiligten das Kriterium, ob eine Session möglichst gut sei. So hilfreich viel Equipment als Spielzeug für eine Session auch sein kann, wurde im Gespräch weiter erläutert, kann das Vorhandensein von Wenigem auch die Kreativität fördern.

Eine switchende Teilnehmerin berichtete aus beiden Rollen beste
Sessions: im Urlaub hatte sie einmal ein festlich angerichtetes Essen für ihren Liebsten mittels Pürierstab ruiniert und sich sehr über das erstaunte, frustrierte Gesicht ihres Subs gefreut, als er dann aus dem Napf essen durfte, während sie sich Steak, Rosmarinkartoffeln und Wein am Tisch schmecken ließ. In der passiven Rolle dagegen hatte sie einmal das Kopfkino sehr angeregt, ohne Unterwäsche zum Spaziergang in der Öffentlichkeit genötigt worden zu sein. Es sei nichts passiert, aber die Angst vor Entdeckung war doch sehr groß – wie auch ihre Bereitschaft, allen Anweisungen ihres Herrn Folge zu leisten.

Kaum wiederholbar, sind beste Erlebnisse, war sich die relativ kleine Runde heute einig – vor allem, wenn sie von Überraschung und Spontaneität leben. Bei einer erneuten Inszenierung, wären diese Gesichtspunkte alle dahin. Schwierig für diejenigen, die besonders „erste Male“ lieben, sei es die erste Hängebondage oder das erste Mal aktiv zu spielen, wie es bei einigen Anwesenden der Fall war. Dabei fiel einer Anwesenden auf, könne ein erstes Mal auch aus negativen Erlebnissen bestehen, die das Bewusstsein mit sich bringen, dass man sowas „nicht nochmal braucht“. Doch bei vielen Sub’s hängt die Spannung eben auch davon ab, wie gut sie den aktiven Partner kennen. Und tatsächlich ist eine geringe Kenntnis des Gegenübers dabei eher ein Vorteil. Mancher sehnt sich darum, sich gänzlich einer fremden Person zu überantworten, wobei er nicht vergessen sollte, sich dabei covern zu lassen – in dem ein eingeweihter nach einer gewissen Zeit, noch während des Blind-Dates, einen Anruf erhält, dass alles in Ordnung ist.

Eine Möglichkeit, besonders fürsorglicher, dominant Liebender besteht hierbei in der sorgfältigen Inszenierung; sei es durch Organisation von entsprechenden Arrangements, der verdeckten Absprache mit guten Bekannten oder des Coverns. Letztlich scheint es also doch vor allem eher die soziale Interaktion zu sein, die eine Session zu einem richtig guten, wenn nicht sogar „dem besten“ SM Erlebnis werden lässt, als die Technik oder das teure Equipment.

http://www.sundmehr.de in Kooperation mit AK SMuC: www.sm-und-christsein.de
http://www.sm-und-christsein.de

Quelle: SWL

Rückschau: SundMehr am 03.06.2016 – „Als ich merkte, was mir Lust macht…“

Um sich darüber auszutauschen, wie es war, als sie entdeckten, dass SM Lust macht, trafen sich am 03. Juni 17 Männer und Frauen im Gesprächskreis SundMehr. Schon bei der Vorstellungsrunde stellte sich heraus, dass nicht nur der Zeitpunkt, der Entdeckung der eigenen Sehnsüchte stark unterschiedlich ist, sondern dass man den
Entdeckungsprozess selbst unterteilen muss: Während der eine seine Neigungen kennt, solange er denken kann, fiel anderen erst als Erwachsener auf, was sie wirklich kickt. Erst im Nachhinein wird dann klar, warum bestimmte Filmszenen oder Romane immer schon einen besonderen Reiz auf die Person ausübten.
Während mancher sich an diffuse Lüste im Kindesalter erinnerte, die er als Jugendlicher als „sadomasochistisch“ benennen und zielstrebig deren Umsetzung anvisieren konnte, ist dies für andere nicht die Normalität.
So schein sich bei einigen Berichten die Integration ihrer Neigungen oft
in einer Wellenbewegung zu zeigen: vom Erspüren, über das Benennen, zur Umsetzung. Der Weg zur Befriedigung ist hierbei oft weit. Während ein Teilnehmer berichtete, als 30 Jähriger, durch eine öffentlich-rechtliche TV-Reportage („unter deutschen Dächern“) darauf gekommen zu sein, was ihm Lust macht, dauerte es weitere zwanzig Jahre, bis er zu ersten Umsetzungsschritten kam, die noch weiter auszubauen sind.
Andere, die ihre Neigung als Jugendliche schon benennen konnten, hatten ohnehin gerade ihre Lesephase, und interessierten sich dann halt für die entsprechenden Klassiker von de Sade und die filmische Umsetzung der „120 Tage von Sodom“. Ein Teilnehmer berichtete halb ironisch von einer Zeit als er im jugendlichen Alter sich die erste Gerte gekauft habe und dann Mühe hatte, seine verschiedenen Beziehungen zu koordinieren. Auch problematische Lebensabschnitte, wie die Beziehung zu einem sadistischen Lebenspartner, der Dinge tat, die die Partnerin deutlich ablehnte und die zur Beendigung der Beziehung führten, bevor die Berichtende selbst sich auf die Suche machte, ihre Neigungen zu erforschen, können Marksteine auf den Weg zur sexuellen Identität darstellen. Neugier und Offenheit kennzeichnen bei vielen Teilnehmern den Weg; der zu Schwierigkeiten führt, wenn der Ehepartner frisch entdeckte Lüste nicht teilen kann. So berichtete eine Anwesende, dass einiges, was jahrelang zum erotischen Repertoire gehörte, ausbaufähig in Richtung SM gewesen sei. Kaum hatte sie dies als Wunsch ihrem Gatten gegenüber geäußert, verschwand dies restlos von der Bildfläche der gegenseitigen sexuellen Ausdrucksmöglichkeiten.
Eine Zäsur durch das Internet, beim Entdecken sadomasochistischer Neigungen dar, stellte ein Teilnehmer fest. Und tatsächlich definierte sich früher als Sadomasochist eher derjenige, dem sich diese Erkenntnis aufdrängte, ohne dass er sich aus Neugier auf die Suche danach machte.
Durch die weltweite Vernetzung ist dies nun einfacher und wird ergänzt, durch eine Flut von medialen Darstellungen in Film und Fernsehen.
So scheint das Bild des Sadomasochisten, der sich auf jahrelanger Identitätssuche mit Schwierigkeiten zu seinem Coming-Out durchringt und mühevoll lernt, zu seinen Neigungen zu stehen, stark rückläufig zu sein; berichteten an diesem Abend doch nur 3 der anwesenden von entsprechenden Erfahrungen. Für alle anderen standen positive Entwicklungsschritte des Ausprobierens und der Selbstentdeckung im Vordergrund.
So erzählte eine Anwesende, kurz nach ihrer Scheidung die ersten sadomasochistischen Erfahrungen gemacht zu haben und damit eher das Ende ihrer Ehe gefeiert zu haben, statt das Gescheitert-Sein zu betrauern.
Bei der Suche, nach einem befriedigenden Ausleben scheint die Partnersuche doch ein großes Problem darzustellen. Auffällig gering ist dies, wenn das finden einer SM-Beziehung nicht im Vordergrund steht, sondern sich die Möglichkeiten, Sadomasochismus in die partnerschaftliche Erotik zu integrieren, sich eher zufällig ergibt.
Auch berichtete ein Anwesender von Lebensphasen, in denen es für ihn andere Prioritäten, wie Studium, Beruf oder andere Hobbys gab. Es gäbe
viele Gruppen, zu denen er gehöre: Motorradfahrer, IT-Spezialisten oder Musiker. Die Gruppe der Sadomasochisten sei nur eine von vielen – Sadomasochismus also nur ein Merkmal von vielen in seinem Leben.
Statt des Gefühls, durch sadomasochistische Neigungen, unschuldig und gegen den eigenen Willen von Welt und Menschheit getrennt und entfremdet zu sein, kann sich, bei der Entdeckung in späterem Alter, auch das Gefühl einer neuen Zugehörigkeit und der Horizonterweiterung einstellen, berichtete eine andere.
Kurze Differenzen entstanden, als der Ruf nach Unabhängigkeit von der Meinung anderer aufkam. Wer zu sich stehen will, dürfe sich davon nicht beeinflussen lassen. Jedoch ist es andererseits Sozialpsychologischer Fakt (aus dem Bereich der Selbstkonzeptforschung), dass jeder gerne akzeptiert sein und einen guten Eindruck bei seinen Mitmenschen hinterlassen will – und daher auf positive Rückmeldung angewiesen ist.
Diese bleibt natürlich aus, solange man mit anderen nicht über seine Neigung spricht, und so berichtete eine Besucherin auch vom Drang, nach der Erkenntnis ihrer Neigung, sich mit anderen auszutauschen.
Hängt man dabei einer speziellen Welt- oder Gesellschaftsvorstellung an, kann dies weitere Fragen aufwerfen – muss jedoch nicht. Ob Christen, Feministen oder Marxisten ihre Neigung mit ihrer Überzeugung vereinbaren können, kann für diese genauso schwierig sein, wie für die Geschäftsfrau, die im Job ihren Mann steht, aber sich im Rahmen ihrer Erotik sooo gerne unterwerfen lassen will.

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Quelle: SWL

SundMehr: Workshop für Paare – Führen und geführt werden – 04.06.2016

Egal, ob der Schwerpunkt auf Dominanz/Submission, Bondage oder Sadomasochismus liegt: Beim erotischen Spiel mit BDSM scheint alles klar und einfach: Der aktive Part gibt die Richtung vor, der passive darf folgen müssen. Doch was so einfach klingt, kann im erotischen Spiel seine Tücken entfalten: Vielleicht wird man zwar entsprechend seines Wunsches geführt, aber es stimmt der Weg nicht, oder die Richtung, das Ziel…? Oder der Führende hat Mühe die Richtung vorzugeben, weil sein Partner sich trotz aller gegenteiligen Bekundungen, geführt werden zu wollen, sträubt? Man spürt oder findet in die Rolle des Führens nicht hinein,… vielleicht macht auch die Machtausübung mehr Spaß als unter dem Vorzeichen der Einvernehmlichkeit möglich ist… Im Workshop wird es darum gehen, gemeinsam mit seinem Partner / Partnerin zu erkunden, wie es sich für beide anfühlt, geführt zu werden oder zu führen. In Partnerübungen aus meiner Coaching-Weiterbildung, werden wir erfahren, wie die Situation vielleicht für das Gegenüber ist und auf was man bei sich und dem anderen besser achten könnte, um das Führen oder Geführt werden besser genießen zu können. In der Gruppe werden wir uns darüber immer wieder austauschen und wer Bedarf hat, auftauchende Fragen oder Erkenntnisse zu vertiefen hat die Möglichkeit, sich von der Kursleitung bei gesonderten Einzelterminen coachen zu lassen.

Leitung: Joe Wagner

Zielgruppe: Mindestens 2, maximal 4 Paare, die in ihrer Liebes- oder auch konstanten Spielbeziehung miteinander BDSM Erotik ausleben.
Kosten: 50 Euro pro Person (pro Paar: 100 Euro) – vor Ort zu entrichten
Termin: Samstag, 04.06.2016
Uhrzeit: 10:00 Uhr bis 14:30 Uhr mit 30 Minuten Pause.
Ort: 71394 Kernen, 10 KFZ-Minuten vom üblichen Treffpunkt des Gesprächskreises entfernt. (Genaueres nach verbindlicher Anmeldung, beider Teilnehmer. Name und Anschrift erforderlich, zwecks korrekter Rechnungsstellung.)
Mitzubringen: bequeme Alltagsbekleidung, sowie ein Besenstiel (pro Paar).

Anmeldung per Email an Joe Wagner über sundmehr@gmx.de (dies ist nicht die Info-Adresse des Gesprächskreises SundMehr).

Anmeldeschluss 28.05.2016

Wer will, ist herzlich eingeladen, am Vorabend, 03.06.2016 um 20:00 Uhr
zum „Warming-Up“ im Gesprächskreis SundMehr. Thema: „Als ich merkte, was mir Lust macht…“. Es besteht für weiter Gereiste, Übernachtungsmöglichkeit im angeschlossenen, bürgerlichen Hotelbetrieb (bitte selbst dort anfragen und reservieren).

 

Quelle: SWL

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